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Statement des Pastoralteams des Pastoralverbundes Paderborn Mitte-Süd zur Lage der Katholischen Kirche

Liebe Schwestern und Brüder in unseren Gemeinden des Pastoralverbundes.

Viele fragen sich derzeit: „Was ist los in der Katholischen Kirche? Kann ich dort weiterhin Mitglied sein? Will ich weiter zu dieser Glaubensgemeinschaft gehören?“

In der Öffentlichkeit werden derzeit vor allem drei Ereignisse breit diskutiert: 

  • Der „Thesenanschlag“ der Gruppe Maria 2.0. Die dort formulierten Themen sind seit vielen Jahren „heiße Eisen“ in unserer Kirche. 
  • Die Aufdeckung von Missbrauch und Vertuschung in kirchlichen Systemen. Die Veröffentlichung der Kölner Missbrauchsstudie und die möglichen Konsequenzen daraus werden fast tagtäglich in der Presse und den Medien aufgenommen.
  • Die „Erläuternde Note“ aus der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre über die Segnung „von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts“. Das „Nein“ aus Rom zur Segnung homosexueller Paare hat enormen medialen Nachhall provoziert und bei katholischen Theologen, Bischöfen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern, Priestern, Diakonen und Laien Enttäuschungen, Irritationen und Sprachlosigkeit ausgelöst. Andere wiederum begrüßen die Klarheit der Aussage und die deutliche Ansage. 

Als Pastoralteam (*s. Unterzeichner) stehen wir mit vielen von Ihnen im Kontakt und nehmen die große Verunsicherung wahr, die all diese Vorgänge auslösen. Um ehrlich zu sein: wir sind auch als Hauptamtliche der Kirche bei manchen Entwicklungen und Vorgängen sprach- und fassungslos. Gleichwohl möchten wir mit Ihnen im Austausch bleiben. Kommunikation ermöglicht Dynamik, und uns liegt sehr an einer lebendigen Kirche. Dieser Brief möchte dazu beitragen. 

Themen, die als „Heiße Eisen“ die Kirche bewegen, sind auch Themen des sog. „synodalen Weges“ unserer Kirche. Laien und Bischöfe beraten hier in einem langen Prozess gemeinsam und auf Augenhöhe. Viele, auch wir, hegen die Hoffnung, dass damit Prozesse auf den Weg kommen, die Antworten geben auf die Fragen der Menschen von heute. Die Fragen etwa der Geschlechtergerechtigkeit beim kirchlichen Amt (Frauen in kirchliche Weiheämter), der Zugangsvoraussetzungen dafür (Thema Zölibat), der Beteiligung von Klerus und Laien in Entscheidungsprozessen (Thema „Macht“) und die derzeitige im Katechismus dargestellte Sexualmoral brauchen plausible und nachvollziehbare, neue Antworten für die Menschen in unserer Kirche. Viele bringen sich in diesem Beratungsprozess sehr qualifiziert ein, damit aus biblisch fundierten Erkenntnissen, theologischen Vertiefungen und geistlichen Prozessen mögliche Wege der Kirche aufgezeigt werden können, die wir alle mitgehen wollen und können. Nicht jede Entwicklung wird am Ende von allen begrüßt werden. Ziel aller Bemühungen müsste es sein, dass unsere Kirche in ihrer Darstellung zum Ausdruck bringt, an welchen Gott wir glauben. Diesen eingeschlagenen Weg der Bischöfe und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken werden wir sehr interessiert mit verfolgen. Der Prozess zieht sich durch die Corona-Beschränkungen deutlich länger hin als geplant. Aber die so wichtigen Fragen der Zukunft brauchen auch viel Zeit, um in aller Tiefe beleuchtet und kommuniziert zu werden. 

Dieser synodale Weg ist ein Weg deutlicher Auseinandersetzung, aber er ist auch ein Weg bislang nicht gekannter Offenheit und Deutlichkeit. Das nehmen wir sehr dankbar zu Kenntnis.

Fassungslos stehen wir vor dem immer deutlicher werdenden Ausmaß sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Vertuschungen und Vernebelungen treten zutage, die sich in dieser Größenordnung kaum jemand hätte vorstellen können. Dass es solche Vorgänge in allen Institutionen und noch mehr im privaten Umfeld gibt, ist überhaupt keine Entschuldigung. Auch die Feststellung, dass viele Täter bereits verstorben sind und Taten verjährt sind, entschärft das Thema nicht. Die Kölner Missbrauchsstudie führt nun zu Konsequenzen auf höchster kirchlicher Ebene. Im Erzbistum Paderborn ist eine ähnliche Studie ebenfalls in Arbeit. Gleichwohl sind die Bemühungen um Prävention und Intervention, um Schutzkonzepte und Fortbildungen in unserem Erzbistum intensiv vorangetrieben worden. 

Auch wir haben in unserem Pastoralverbund ein Präventionsschutzkonzept erarbeitet. Zahlreiche Menschen jeden Alters aus allen unseren Gemeinden haben daran mitgewirkt. Die Ereignisse in Köln verdunkeln leider unser nun bereits jahrelanges Bemühen um den Schutz von Kindern und Jugendlichen in unserer kirchlichen Arbeit. Das Erzbistum unterstützt uns in den Pfarreien vor Ort mit allem, was denkbar ist. Dafür sind wir sehr dankbar. 

Viele Emotionen, Enttäuschungen und auch Wut hat die Meldung aus Rom Anfang dieser Woche hervorgerufen, homosexuellen Partnerschaften könne kein kirchlicher Segen erteilt werden. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war für uns sehr überraschend. Form und Inhalt der vatikanischen „Note“ entspricht den üblichen Verfahrensweisen der Glaubenskongregation. Äußerungen von Papst Franziskus zu diesem Themenbereich hatten bei vielen Menschen Hoffnungen genährt, dass sich die kirchliche Lehre auch bei diesen Fragen ändern könne. Nunmehr ist der Status-quo erneut formuliert und bestätigt worden. Dieses als apodiktisch empfundene „Nein“ ist für viele in unserer Kirche wie ein Donnerschlag aufgenommen worden, den man nicht hinnehmen möchte. Sie vermissen eine plausible Erläuterung, die über die Zitation von Katechismus-Sprache hinaus geht. Andere in unserer Kirche wiederum sind erfreut über diese klare und deutliche Aussage, die sie auch inhaltlich nachvollziehen können. Es wird hier deutlich, wie groß die Gefahr der Polarisierung ist, weil sich Meinungen diametral gegenüber stehen. Gleichwohl wird man sagen können, dass ein Großteil der Katholiken hierzulande nicht mehr bereit ist, in einer Kirche zu sein, die durch ihr Reglement nicht das Gottes- und Menschenbild widerspiegelt, das einem selbst wichtig ist. Die Große Zahl der Austretenden (und ihre Rückmeldungen) zeigt das deutlich. 

Als Pastoralteam stehen auch wir mit Ihnen, liebe Schwestern und Brüder, in dieser ungeheuren Spannung. Genau wie Sie, leiden auch wir an den Ereignissen in unserer Kirche. Es macht uns genau so sprachlos, wie Sie. Dennoch, meinen wir, sollten wir die Sprachfähigkeit wieder finden und die Themen miteinander ins Gespräch bringen. Die pandemische Lage macht das nicht einfach. Gelegenheiten bieten dazu die mittlerweile zahlreichen Formate, die über die neuen Medien möglich sind. Gemeinsam müssen wir die Themen weiter bewegen. Wir sind auch bei manchen Themen noch nicht sicher, welche Entscheidungen hier richtig sind. Mut zum Austausch macht uns unser Generalvikar Alfons Hardt, der zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften deutlich gemacht hat, dass er diese Frage weiterhin offen sieht und zu differenzierter Bearbeitung aufruft. Schnelle und einfache Antworten gebe es hier sicher nicht. Gern können Sie uns Ihre Anmerkungen zu diesen Themen weiter geben: auf der Homepage ist dazu eine Möglichkeit eingerichtet. Natürlich geht das auch per Mail, oder Sie schreiben einen Brief und geben ihn per Briefkasten ein. Bei Fragen der Segensspendung ist uns als Pastoralteam wichtig zu vermitteln: Menschen, die Segen erbitten, werden von uns nicht abgewiesen! Segen heißt, jemandem Gutes zusprechen. Mit welchem Recht sollten wir eine Segensbitte ablehnen, wo wir doch an einen barmherzigen Gott glauben, der uns alle wirklich liebt?

Liebe Schwestern und Brüder,

wir gehen auf die Karwoche zu, in der wir das Leiden Jesu Christi betrachten. Bemerkenswert und für uns erlösend bleibt die Erkenntnis, dass Jesus der äußersten Zerreißprobe seines Lebens nicht ausgewichen ist. Am Ende hängt er zerrissen über der Erde. Aber daraus erwächst eine Wandlung, die in ein ganz neues Dasein führt. An Ostern feiern wir diese Wandlung ins Leben. Wir hoffen mit Ihnen, dass auch der Weg unserer Kirche ein Weg durch die Zerrissenheit in die Verwandlung zu neuem Leben führt. Aus dieser Hoffnung arbeiten wir und sind weiterhin mit Ihnen und für Sie da als Pastoralteam in den Gemeinden unseres Verbundes. 

Ihnen allen wünschen wir eine gute Vorbereitungszeit auf  das Osterfest 2021.  

Benedikt Fischer, Pfarrer
Sabine Heßbrügge, Gemeindereferentin
Ansgar Wiemers, Pastor
Johannes Schäfers, Gemeindereferent
Prof. Dr. Gerhard Kilz, Diakon
Werner Schmit, Diakon
Anne Tarrach, Gemeindereferentin
Jürgen Wiesner, Pastor
Christina Fromme, Gemeindereferentin
Marion Klaus, Verwaltungsleiterin

Wenn Sie dieses Statement kommentieren wollen, können Sie Pfarrer Benedikt Fischer eine E-Mail schreiben:

benedikt.fischer@katholisch-in-paderborn.de